"Wie wirklich ist die Wirklichkeit?"
(Paul Watzlawick, 1978)

ODER: kritischer Rationalismus versus rationalisierender Konstruktivismus
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Paul Watzlawick beschreibt im gleichnamigen Buch u.a im Kapitel "Desinformation" Versuche, die an der Stanford University unter Leitung von Prof. Bavelas durchgeführt wurden, wie leicht sich unsere Wirklichkeitsauffassung nachhaltig beeinflussen läßt:

 

Experiment:

        Zwei Versuchspersonen -  A und B - sitzen jeweils so vor einem Projektionsschirm, daß sie sich gegenseitig nicht sehen können und die Auflage haben nicht miteinander zu sprechen.

Beide haben jeweils vor sich:

2 Drucktasten mit der Aufschrift "gesund" und "krank"
2 Signallämpchen mit der Bezeichnung "richtig" und "falsch"
 
Der Versuchsleiter projiziert nun eine Reihe von Gewebezellen und es ist die Aufgabe der Versuchspersonen durch Versuch und Irrtum die gesunden von den kranken Zellen unterscheiden zu lernen. A und B müssen hierzu bei jedem Bild die ihrer Diagnose entsprechenden Drucktasten betätigen, worauf sofort das Lämpchen "richtig" oder "falsch" aufleuchtet.
 
Tatsächlich aber... (...hat die Versuchsanordnung ihre geheimen Tücken)
Nur A erhält jedesmal die zutreffende Antwort auf seine Diagnose. Da das erlernen dieser Diagnose verhältnismäßig einfach ist, lernt Person A meistens bald, die gesunden von den kranken Zellen mit einer Verlässlichkeit von 80% zu unterscheiden

B's Situation ist jedoch eine ganz andere: Die Antworten, die er erhält beruhen nicht auf seiner eigene Diagnose, sondern auf denen von A's! B erhält also dann die Antwort "richtig", wenn A richtig geraten hat. Wenn A sich geirrt hat, hat auch B jedesmal die Antwort "falsch" signalisiert bekommen, ungeachtet welche Diagnose B tatsächlich gestellt hat.
 

Die Antworten, die B erhält, haben also rein gar nichts mit seinen Vermutungen zu tun, die er mit der Aufgabenstellung verbindet und er hat auch keinerlei Möglichkeit dies festzustellen.
 
A und B werden nun ersucht, miteinander zu besprechen, welche Grundsätze der Entscheidung zwischen gesunden und kranken Zellen sie entdeckt haben:

A's Erklärungen sind meist einfach und konkret

B's Annahmen dagegen sind subtil und komplex

 

Das Erstaunliche ist nun, daß A die Erklärungen von B nicht einfach als unnötig kompliziert  oder geradezu absurd ablehnt, sondern von ihrer detaillierten Brillanz beeindruckt ist! Da Beide nicht wissen, daß sie buchstäblich über zwei verschiedene Wirklichkeiten sprechen, kommt A zu der Einsicht, daß die banale Einfachheit seiner Erklärungsprinzipien, der Subtilität von B's Diagnosen unterlegen ist. Mehr noch: B's Ideen klingen um so überzeugender je absurder sie sind!
 
Bevor sich A und B einem zweiten, identischen Test unterziehen, werden sie ersucht anzugeben, ob A oder B bei diesem Test besser abschneiden wird, als bei seinem ersten.

Alle B's und die meisten A's vermuten, daß es B sein wird!
 

Dies ist nun tatsächlich der Fall, da A zumindest einige von B's abstrusen Ideen übernommen hat und daher seine Vermutungen daher absurder und dementsprechend unrichtiger sind als beim ersten Mal.
 

Zusammenfassung:

Falsche Philosophien führen zu falschen Weltbildern

Rationalisierender Konstruktivismus:

Besteht einmal ein Unbehagen über einen Desinformationszustand, der vielleicht nur durch eine beiläufige Erklärung gemildert ist, führt zusätzliche, aber widersprüchliche Information nicht zu Korrekturen, sondern zu weiteren Ausarbeitungen und Verfeinerungen der Erklärung. Damit wird aber die Erklärung "selbst-abdichtend", daß heißt, sie wird zu einer Annahme, die nicht falsifiziertwerden kann!

Ursache hierfür ist ein 'falscher logischer Schluss': Die Induktion

Wir lassen uns von "offensichtlichen, bzw. hinreichend komplexen Erklärungen" blenden und schließen von einem Sonderfall auf das Allgemeine. Mit jeder Bestätigung des (komplexen) Sonderfalles (B's abstruse Ideen) gewinnt die Konstruktion, die wir uns über die Wirklichkeit gemacht haben, (scheinbar) mehr "Wahrheitsgehalt". Dies trifft ebenfalls auf  'den Konstruierenden' zu (vergl. hierzu die moderne Soziologie, namentlich "Gender-Wissenschaftler", die mittlerweile 64 Geschlechter (de) konstruiert haben und wonach die bioliogischen Geschlecher nur "anerzogen" wären)

Einfaches Beispiel für einen induktivistischen Fehlschluss:

Behauptung: Alle Schwäne sind weiss! -->Nur ein weisser Schwan kann ein Schwan sein!

Erklärungsmodelle dieser auf Induktion beruhenden "wasserdichten" Art, sind stets pseudowissenschaftlich, abergläubisch und letzten Endes psychotisch

     

    Kritischer Rationalismus

    Der Wissenschaftsphilosoph Karl Popper hat jedoch aufgezeigt, daß demgegenüber nur die Falsifizierbarkeit (die Möglichkeit der logisch deduktiven  Widerlegung) den Kern einer wissenschaftlichen Theorie ausmacht

    Da der kritisch rational Vorgehende seine Vermutungen ständig mit der Realität gegenprüft, muss er auch das berücksichtigen, was er selbst  'nicht sieht' und nur logisch erfassen kann. Dies funktioniert der Art, das man eine allgemeine Behauptung (= Theorie) aufstellt, die man dann auf einem Sonderfall bezieht (Deduktion). Diese Möglichkeit bestand im obigen Beispiel an keiner Stelle, bzw. wurde vom "Konstruktivisten" induktiv abgetan.

    Behauptung: Alle Schwäne sind weiss! .

    Feststellung in der Realität (= "autonomer Rückstoß" durch die Realität) : Es gibt auch schwarze Schwäne! (und es kann logisch nicht ausgeschlossen werden, das es im Univesum auch "Grüne" geben könnte)

    --> Die Behautpung (Theorie) ist falsch!

    Nur die kritisch rationale Vorgehensweise, die sich immer wieder auf die Realität bezieht (den autonomen "Rückstoß" den diese gibt), wird uns beim Verstehen der Wirklichkeit vor falschen Theorien schützen, - die sich in Jahrhunderten induktiv in uns festgesetzt haben. (So wie die Vorstellung das die "Sonne im Osten aufgeht und ihren Kreis um die Erde zieht)

     

    Orientierunshilfe zum Erkennen falscher, konstruierter Weltbilder

    konstruktivistischer Rationalismus versus kritscher Rationalismus

    in "waagrechter" Gegenüberstellung

    (das "senkrechte Weltbild" dazu finden Sie hier: "Denken in Urprinzipien")

rationalisierender Konstruktivismus kritischer Rationalismus
Induktion Deduktion

Verifikation

Falsifikation
emotional empathisch
Subjektives Konstrukt Objektive Existenz
Ich sehe, was "ich glaube zu sehen" Ich glaube nur, das was "ich (selbst) sehen" könnte
Nur was ich sehe existiert (Relevanz) Neben dem was ich sehe, existiert auch das was ich nicht sehen kann (Realismus)
einmal erkannt - immer erkannt  (weitere Beschäftigung ist Verschwendung) "trial and error" - Verbesserungen sind immer möglich
(Denk-)Faulheit, da Ideen bei Bedarf nur übernommen werden zu brauchen Getriebensein: Suche nach Herausforderung und Inspiration
Erfolg ist jederzeit möglich - wenn man nur wollte Erfolg ist 99% Transpiration - und 1% Inspiration
Organisation Organisch
top-down bottom-up
Zentrale Planung Dezentrales Ausprobieren
Sozialismus Libertarismus
Gesteuerte Monokultur ist effizient Anarchische Vielfalt erzeugt Nischen und  Raum für Alternativen
Wissen als Summe von Ideen Wissen durch multiple Erfahrung
Die Welt ist berechenbar - auch wenn es noch niemandem gelang Die Welt ist grundsätzlich nicht berechenbar - aber Erfahrungen vorhersagbar
Komplexe Vorgänge sind grundsätzlich reduzierbar (intellektuell dekonstruierbar) Emergenzen können grundsätzlich nicht reduziert (intellektuell dekonstruiert) werden
Menschliche Institutionen sind intellektuelle Konstrukte Menschliche Institutionen sind das Ergebnis von (wiederholten, erfolgreichen) Handlungen
Scheinbare Stabililität im deterministischen Chaos (klassische Komplexitätstheorie) Starke, echte Stabilität durch selbstreflexives Verhalten indeterminierter Systeme (Quanten-Komplexitätstheorie)
Naturgesetze sind fix, aber Gewohnheiten lassen sich (von uns) sinnvoll umgestalten Naturgesetze sind Gewohnheiten, die für uns Gestalt annehmen, da sie (für uns) Sinn machen
Tabus, die nicht rational zuordenbar sind, sind ohne Grund (irrational) und sind zu beseitigen Tabus haben ihren (tiefen) Grund, der wie bei jeder emergenten Eigenschaft nicht unmittelbar erkennbar sein muss. Sie mutwillig zu destabilisieren kann einen tiefen Fall auslösen
Destruktiv Progressiv
Überschätzung der Möglichkeiten des menschlichen Verstandes (Anmaßung von Wissen) Vorsicht bei der Einschätzung der Möglichkeiten des menschlichen Verstandes (Demut)
Haben wollen! Sein!
Gott  "Ich denke, also bin ich" Gott "Ich werde"
Nirwana, Skeptizismus Pantheismus, Naturalismus
Tod Leben
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